Verfassungsurkunde für Staat und Reich der Stauffischen Monarchie

vom 14. März 2006 AD

Wir Wilhelm von Gottes Gnaden, König von Stauffen, Oberster Lehnsherr aller Stauffischen Lande, Oberster Protector der Stauffisch-Unierten Kirche etc. etc. thun kund und fügen zu wissen, daß Wir die Verfassung in Uebereinstimmung mit beiden Kammern endgültig festgestellt haben.
Wir verkünden demnach dieselbe als Staatsgrundgesetz, wie folgt:

Titel I.
Vom Staatsgebiete.

Artikel 1
Alle Landestheile der Monarchie in ihrem gegenwärtigen Umfange bilden das stauffische Staatsgebiet.

Artikel 2
Die Gränzen dieses Staatsgebiets können nur durch ein Gesetz verändert werden.

Titel II.
Von den Rechten der Stauffen.


Artikel 3
Die Verfassung und das Gesetz bestimmen, unter welchen Bedingungen die Eigenschaft eines Stauffen und die staatsbürgerlichen Rechte erworben, ausgeübt und verloren werden.

Artikel 4
Alle Stauffen sind vor dem Gesetz gleich. Standesvorrechte nur finden im Rahmen der Gesetzgebung statt. Die öffentlichen Aemter sind, unter Einhaltung der von den Gesetzen festgestellten Bedingungen, für alle, die sich dazu geschickt gemacht haben, zugänglich.

Artikel 5
Die persönliche Freiheit ist gewährleistet. Die Bedingungen und Formen, unter welchen eine Beschränkung derselben, insbesondere eine Verhaftung zulässig ist, werden durch das Gesetz bestimmt.

Artikel 6
Die Wohnung ist unverletzlich. Das Eindringen in dieselbe und Haussuchungen, so wie die Beschlagnahme von Briefen und Papieren sind nur in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen gestattet.

Artikel 7
Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Ausnahmegerichte und außerordentliche Kommissionen sind unstatthaft.

Artikel 8
Strafen können nur in Gemäßheit des Gesetzes angedroht oder verhängt werden.

Artikel 9
Das Eigenthum ist unverletzlich. Es kann nur aus Gründen des öffentlichen Wohles gegen vorgängige, in dringenden Fällen wenigstens vorläufig festzustellende Entschädigung nach Maaßgabe des Gesetzes entzogen oder beschränkt werden.

Artikel 10
Der bürgerliche Tod und die Strafe der Vermögensconfiscation finden nicht statt.

Artikel 11
Die Freiheit der Auswanderung kann von Staats wegen nur in Bezug auf die Wehrpflicht beschränkt werden.
Abzugsgelder dürfen nicht erhoben werden.

Artikel 12
Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, die Vereinigung zu Religionsgesellschaften und der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Religionsübung wird gewährleistet. Der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte ist unabhängig von dem religiösen Bekenntnisse. Den bürgerlichen und staatsbürgerlichen Pflichten darf durch die Ausübung der Religionsfreiheit kein Abbruch geschehen.

Artikel 13
Die Religionsgesellschaften, so wie die geistlichen Gesellschaften, welche keine Korporationsrechte haben, können diese Rechte nur durch besondere Gesetze erlangen.

Artikel 14
Die christliche Religion wird bei denjenigen Einrichtungen des Staats, welche mit der Religionsübung im Zusammenhange stehen, unbeschadet der im Art. 12 gewährleisteten Religionsfreiheit zum Grunde gelegt.

Artikel 15
Die stauffisch-unierte Kirche und die katholische Kirche des Nordens, so wie jede andere vom Staate anerkannte Religionsgesellschaft, ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig und bleibt im Besitz und Genuß der für ihre Kultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds.

Artikel 16
Der Verkehr der Religionsgesellschaften mit ihren Oberen ist ungehindert. Die Bekanntmachung kirchlicher Anordnungen ist nur denjenigen Beschränkungen unterworfen, welchen alle übrigen Veröffentlichungen unterliegen.

Artikel 17
Ueber das Kirchenpatronat und die Bedingungen, unter welchen dasselbe aufgehoben werden kann, wird ein besonderer Erlaß ergehen.


Artikel 18
Das Ernennungs-, Vorschlags-, Wahl- und Bestätigungsrecht bei Besetzung kirchlicher Stellen ist, so weit es dem Staate zusteht, und nicht auf dem Patronat oder besonderen Rechtstiteln beruht, aufgehoben.
Auf die Anstellung von Geistlichen beim Militair und an öffentlichen Anstalten findet diese Bestimmung keine Anwendung.

Artikel 19
Die Einführung der Civilehe erfolgt nach Maaßgabe eines besonderen Gesetzes, was auch die Führung der Civilstandsregister regelt.

Artikel 20
Die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei, soweit sie den guten christlichen Sitten nicht zuwiderlaufen.

Artikel 21
[1] Für die Bildung der Jugend soll durch öffentliche Schulen genügend gesorgt werden.
[2] Eltern und deren Stellvertreter dürfen ihre Kinder oder Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher für die öffentlichen Volksschulen vorgeschrieben ist.

Artikel 22
Unterricht zu ertheilen und Unterrichtsanstalten zu gründen und zu leiten, steht Jedem frei, wenn er seine sittliche, wissenschaftliche und technische Befähigung dem betreffenden Reichsminister nachgewiesen hat.

Artikel 23
[1] Alle öffentlichen und Privat-Unterrichts- und Erziehungsanstalten stehen unter der Aufsicht des zuständigen Ministers.
[2] Die öffentlichen Lehrer haben die Rechte und Pflichten der Staatsdiener.

Artikel 24
[1] Bei der Errichtung der öffentlichen Volksschulen sind die confessionellen Verhältnisse möglichst zu berücksichtigen.
[2] Den religiösen Unterricht in der Volksschule leiten die betreffenden Religionsgemeinschaften.
[3] Die Leitung der äußeren Angelegenheiten der Volksschule steht der Gemeinde zu. Der Staat stellt, unter gesetzlich geordneter Betheiligung der Gemeinden, aus der Zahl der Befähigten die Lehrer der öffentlichen Volksschulen an.

Artikel 25
[1] Die Mittel zur Errichtung, Unterhaltung und Erweiterung der öffentlichen Volksschule werden von den Gemeinden, und im Falle des nachgewiesenen Unvermögens, ergänzungsweise vom Staate aufgebracht. Die auf besonderen Rechtstiteln beruhenden Verpflichtungen Dritter bleiben bestehen.
[2] Der Staat gewährleistet demnach den Volksschullehrern ein festes, den Lokalverhältnissen angemessenes Einkommen.
[3] In der öffentlichen Volksschule wird der Unterricht unentgeltlich ertheilt.

Artikel 26
Ein besonderes Gesetz regelt das ganze Unterrichtswesen.

Artikel 27
[1] Jeder Stauffe hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Meinung frei zu äußern.
[2] Die Censur darf nicht eingeführt werden; jede andere Beschränkung der Preßfreiheit nur im Wege der Gesetzgebung.

Artikel 28
Vergehen, welche durch Wort, Schrift, Druck oder bildliche Darstellung begangen werden, sind nach den allgemeinen Strafgesetzen zu bestrafen.

Artikel 29
[1] Alle Stauffen sind berechtigt, sich ohne vorgängige obrigkeitliche Erlaubniß friedlich und ohne Waffen in geschlossenen Räumen zu versammeln.
[2] Diese Bestimmung bezieht sich nicht auf Versammlungen unter freiem Himmel, welche auch in Bezug auf vorgängige obrigkeitliche Erlaubniß der Verfügung des Gesetzes unterworfen sind.

Artikel 30
[1] Alle Stauffen haben das Recht, sich zu solchen Zwecken, welche den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, in Gesellschaften zu vereinigen.
[2] Das Gesetz regelt, insbesondere zur Aufrechthaltung der öffentlichen Sicherheit, die Ausübung des in diesem und in dem vorstehenden Artikel (29) gewährleisteten Rechts.
[3] Politische Vereine können Beschränkungen und vorübergehenden Verboten im Wege der Gesetzgebung unterworfen werden.Artikel 31
Die Bedingungen, unter welchen Corporationsrechte ertheilt oder verweigert werden, bestimmt das Gesetz.

Artikel 32
Das Petitionsrecht steht allen Stauffen zu. Petitionen unter einem Gesammtnamen sind nur Gruppen, Behörden und Korporationen gestattet.

Artikel 33
Das Briefgeheimniß ist unverletzlich. Die bei strafgerichtlichen Untersuchungen und in Kriegsfällen nothwendigen Beschränkungen sind durch die Gesetzgebung festzustellen.

Artikel 34
Alle Stauffen sind wehrpflichtig. Den Umfang und die Art dieser Pflicht bestimmt das Gesetz.

Artikel 35
[1] Das Heer begreift alle Abtheilungen des stehenden Heeres und der Miliz.
[2] Im Falle des Krieges kann der König nach Maaßgabe des Gesetzes den Landsturm aufbieten.


Artikel 36
Die bewaffnete Macht kann zur Unterdrückung innerer Unruhen und zur Ausführung der Gesetze nur in den vom Gesetze bestimmten Fällen und Formen und auf Requisition der Civilbehörden verwendet werden. In letzterer Beziehung hat das Gesetz die Ausnahmen zu bestimmen.

Artikel 37
Der Militairgerichtsstand des Heeres beschränkt sich auf Strafsachen und wird durch das Gesetz geregelt. Die Bestimmungen über die Militairdisziplin im Heere bleiben Gegenstand besonderer Verordnungen.

Artikel 38
Die bewaffnete Macht darf weder in noch außer dem Dienste berathschlagen oder sich anders, als auf Befehl versammeln. Versammlungen und Vereine der Landwehr zur Berathung militairischer Einrichtungen, Befehle und Anordnungen sind auch dann, wenn dieselbe nicht zusammenberufen ist, untersagt.

Artikel 39
Auf das Heer finden die in den Art. 5, 6, 29, 30 und 32 enthaltenen Bestimmungen nur in soweit Anwendung, als die militairischen Gesetze und Disziplinarvorschriften nicht entgegenstehen.

Artikel 40
Die Errichtung von Lehen und die Stiftung von Familien-Fideikommissen finden durch die Gesetze weitere Bestimmungen.

Artikel 41
Vorstehende Bestimmungen (Artikel 40) finden auf die Thronlehen, das Königliche Haus- und Kroprinzliche Fideikommiß, sowie auf die außerhalb des Staats belegenen Lehen und die ehemals reichsunmittelbaren Besitzungen und Fideikommisse keine Anwendung. Die Rechtsverhältnisse derselben sollen durch Schluß des Königlichen Hauses geordnet werden.

Artikel 42
Durch ein Gesetz wird geregelt:
1. die Gerichtsherrlichkeit, die gutsherrliche Polizei und obrigkeitliche Gewalt, sowie die gewissen Grundstücken zustehenden Hoheitsrechte und Privilegien;
2. die aus diesen Befugnissen, aus der Schutzherrlichkeit, der Erbunterthänigkeit, der Steuer- und Gewerbeverfassung.

Titel III.
Vom Könige.


Artikel 43
Die Person des Königs ist sacrosanct unverletzlich.

Artikel 44
Die Minister sind verantwortlich. Alle Regierungsakte des Königs bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung eines Ministers, welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt.

Artikel 45
Dem Könige allein steht die vollziehende Gewalt zu. Er ernennt und entläßt die Minister. Er befiehlt die Verkündigung der Gesetze und erläßt die zu deren Ausführung nöthigen Verordnungen.

Artikel 46
Der König führt den Oberbefehl über das Heer.

Artikel 47
Der König besetzt alle Stellen im Heere, sowie in den übrigen Zweigen des Staatsdienstes, sofern nicht das Gesetz ein Anderes verordnet.

Artikel 48
Der König hat das Recht, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, auch andere Verträge mit fremden Regierungen zu errichten. Letztere bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung der Kammern, sofern es Handelsverträge sind, oder wenn dadurch dem Staate Lasten oder einzelnen Staatsbürgern Verpflichtungen auferlegt werden.

Artikel 49
[1] Der König hat das Recht der Begnadigung und Strafmilderung.
[2] Zu Gunsten eines wegen seiner Amtshandlungen verurtheilten Ministers kann dieses Recht nur auf Antrag derjenigen Kammer ausgeübt werden, von welcher die Anklage ausgegangen ist.
[3] Der König kann bereits eingeleitete Untersuchungen nur auf Grund eines besonderen Gesetzes niederschlagen.

Artikel 50
[1] Dem Könige steht die Verleihung von Orden und anderen mit Vorrechten nicht verbundenen Auszeichnungen zu.
[2] Dem Könige steht auch das alleinige Recht zu, den Adel zu verleihen.
[3] Der König vergibt die dem Königreiche eigentlichen Domainen und Güter als Lehen an treue und geeignete Vasallen.

Artikel 51
Der König beruft die Kammern und schließt ihre Sitzungen. Er kann die zweite Kammer nach Gutdünken auflösen. Es müssen aber in einem solchen Falle innerhalb eines Zeitraums von sieben Tagen nach der Auflösung die Wähler und innerhalb eines Zeitraums von einundzwanzig Tagen nach der Auflösung die Kammern versammelt werden.

Artikel 52
Der König kann die Kammern vertagen. Ohne deren Zustimmung darf diese Vertagung die Frist von sieben Tagen nicht übersteigen und während derselben Session nicht wiederholt werden.

Artikel 53
Die Krone ist, den Königlichen Hausgesetzen gemäß, erblich in dem Mannsstamme des Königlichen Hauses nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischen Linealfolge, entsprechend dem stauffischen Hausgesetze Anno 1701.

Artikel 54
[1] Der König wird mit Vollendung des sechzehnten Lebensjahres volljährig.
[2] Er leistet in Gegenwart der vereinigten Kammern das eidliche Gelöbniß, die Verfassung des Königreichs fest und unverbrüchlich zu halten und in Uebereinstimmung mit derselben und den Gesetzen zu regieren.

Artikel 55
Ohne Einwilligung beider Kammern kann der König nicht zugleich Herrscher fremder Reiche sein.

Artikel 56
Wenn der König minderjährig oder sonst dauernd verhindert ist, selbst zu regieren, so übernimmt derjenige volljährige Agnat (Art. 53), welcher der Krone am nächsten steht, die Regentschaft. Er hat sofort die Kammern zu berufen, die in vereinigter Sitzung über die Nothwendigkeit der Regentschaft beschließen.

Artikel 57
Ist kein volljähriger Agnat vorhanden und nicht bereits vorher gesetzliche Fürsorge für diesen Fall getroffen, so hat das Staatsministerium die Kammern zu berufen, welche in vereinigter Sitzung einen Regenten erwählen. Bis zum Antritt der Regentschafts von Seiten desselben führt das Staatsministerium die Regierung.

Artikel 58
[1] Der Reichsverweser übt die dem Könige zustehende Gewalt in dessen Namen aus. Derselbe schwört nach Einrichtung der Regentschaft vor den vereinigten Kammern einen Eid, die Verfassung des Königreichs fest und unverbrüchlich zu halten und in Uebereinstimmung mit derselben und den Gesetzen zu regieren.
[2] Bis zu dieser Eidesleistung bleibt in jedem Falle das bestehende gesammte Staatsministerium für alle Regierungshandlungen verantwortlich.

Titel IV.
Von dem Staatsministerium


Artikel 59
[1] Das Staatsministerium besteht aus dem Ministerpräsidenten und den Ministern. Es wird auf königliche Anordnung gebildet.
[2] Der Ministerpräsident leitet die Arbeit des Staatsministeriums. Er ist dem König dafür verantwortlich.
[3] Eine Geschäftsordnung wird von dem Könige erlassen.
[4] Ein Schluß des Staatsministeriums erfolgt mit der Mehrheit der Stimmen der Minister unter Zustimmung des Ministerpräsidenten.
[4] Den Ministern werden zu deren Vertretung sowie zur Bewältigung der Aufgaben derselben Staatssekretäre als Beamte auf Widerruf abgeordnet.

Artikel 60
[1] Die Minister, so wie die zu ihrer Vertretung abgeordneten Staatsbeamten haben Zutritt zu jeder Kammer und müssen auf ihr Verlangen zu jeder Zeit gehört werden.
[2] Jede Kammer kann die Gegenwart der Minister verlangen.
[3] Die Minister haben in einer oder der anderen Kammer nur dann Stimmrecht, wenn sie Mitglieder derselben sind.Artikel 61
[1] Die Minister können durch Beschluß einer Kammer wegen des Verbrechens der Verfassungsverletzung, der Bestechung und des Verrathes angeklagt werden. Ueber solche Anklage entscheidet der oberste Gerichtshof der Monarchie.
[2] Die näheren Bestimmungen über die Fälle der Verantwortlichkeit, über das Verfahren und über die Strafen werden einem besonderen Gesetz vorbehalten.

Titel V.
Von den Kammern.


Artikel 62
[1] Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich durch den König und durch zwei Kammern ausgeübt.
[2] Die Uebereinstimmung des Königs und beider Kammern ist zu jedem Gesetze erforderlich.
[3] Finanzgesetz-Entwürfe und Staatshaushalts-Etats werden zuerst der zweiten Kammer vorgelegt; letztere werden von der ersten Kammer im Ganzen angenommen oder abgelehnt.

Artikel 63
(1) In dem Falle, wenn die Aufrechthaltung der öffentlichen Sicherheit, oder die Beseitigung eines ungewöhnlichen Nothstandes es dringend erfordert, kann der König unter Verantwortlichkeit des gesammten Staatsministeriums, Verordnungen mit Gesetzeskraft erlassen, welche, wenn es die Situation erforderlich macht, von der Verfassung abweichen können.
(2) Zu diesem Zwecke kann er die in Art. 5, 6, 11, 20, 27, 29, 30, 33 und 36 niedergelegten Grundrechte ganz oder theilweise und distriktsweise außer Anwendung setzen. Er kann eine Stadt, einen Theil einer solchen oder einen Landflecken in Belagerungszustand erklären

Artikel 64
Dem Könige, so wie jeder Kammer, steht das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen.

Artikel 65
[1]Die Erste Kammer besteht:
a) aus den großjährigen Königlichen Prinzen;
b) aus den Häuptern der unmittelbaren reichsständischen Häuser in Stauffen,
c) aus solchen Mitgliedern, welche der König auf Lebenszeit ernennt.
[2]Der Präsident der Ersten Kammer führt den Titel Reichserzkanzler. Er wird vom Könige aus den Mitglieder der jenigen ernannt; er benennt seinen Stellvertreter.

Artikel 66
Die zweite Kammer besteht aus fünf Mitgliedern.

Artikel 67
Jeder Stauffe, welcher das zwanzigste Lebensjahr vollendet hat, ist stimmberechtigter Wähler.

Artikel 68
Das Nähere über die Ausführung der Wahlen bestimmt das Wahlgesetz.

Artikel 69
Die Legislatur-Periode der Zweiten Kammer wird auf zwei Monate festgesetzt.

Artikel 70
Zum Abgeordneten der Zweiten Kammer ist jeder Stauffe wählbar, der das zwanzigste Lebensjahr vollendet, den Vollbesitz der bürgerlichen Rechte in Folge rechtskräftigen richterlichen Erkenntnisses nicht verloren und bereits einen Monate dem stauffischen Staatsverbande angehört hat.

Artikel 71
Die Zweite Kammer wird nach Ablauf ihrer Legislatur-Periode neu gewählt. Ein Gleiches geschieht im Falle der Auflösung. In beiden Fällen sind die bisherigen Mitglieder wieder wählbar.

Artikel 72
Die Kammern werden durch den Reichserzkanzler auf Befehl des Königs, oder, so oft es die Umstände erheischen, aus eigenem Beschluß desselben einberufen.

Artikel 73
[1] Die Eröffnung und die Schließung der Kammern geschieht durch den Reichserzkanzler in Person oder durch eine dazu von ihm beauftragten Person in einer Sitzung der vereinigten Kammern.
[2] Beide Kammern werden gleichzeitig berufen, eröffnet, vertagt und geschlossen, doch kann die Erste Kammer zu Vorbereitung der Arbeiten ohne die Zweite berufen werden, letztere aber nicht ohne die Erste Kammer.
[3] Wird die Zweite Kammer aufgelöst, so wird die Erste gleichzeitig vertagt.

Artikel 74
[1] Die Zweite Kammer prüft die Legitimation ihrer Mitglieder und entscheidet darüber. Sie regelt ihren Geschäftsgang und ihre Disziplin durch eine Geschäftsordnung.
[2] Der Ministerpräsident ist Präsident der Zweiten Kammer. Er hat das Stimmrecht nur, wenn er auch gewähltes Kammermitglied ist.
[3] Beamte bedürfen keines Urlaubs zum Eintritt in die Kammer.

Artikel 75
Die Sitzungen beider Kammern sind öffentlich. Jede Kammer tritt auf den Antrag ihres Präsidenten oder von drei Mitgliedern zu einer geheimen Sitzung zusammen, in welcher dann zunächst über diesen Antrag zu beschließen ist.

Artikel 76
Keine der beiden Kammern kann einen Beschluß fassen, wenn nicht die Mehrheit der gesetzlichen Anzahl ihrer Mitglieder anwesend ist. Jede Kammer faßt ihre Beschlüsse nach absoluter Stimmenmehrheit, vorbehaltlich der durch die Geschäftsordnung für Wahlen etwa zu bestimmenden Ausnahmen.

Artikel 77
[1] Jede Kammer hat für sich das Recht, Adressen an den König zu richten.
[2] Niemand darf den Kammern oder einer derselben in Person eine Bittschrift oder Adresse überreichen.
[3] Jede Kammer kann die an sie gerichteten Schriften an die Minister überweisen und von denselben Auskunft über eingehende Beschwerden verlangen.

Artikel 78
Eine jede Kammer hat die Befugniß, behufs ihrer Information Commissionen zur Untersuchung von Thatsachen zu ernennen.

Artikel 79
Die Mitglieder beider Kammern sind Vertreter des ganzen Volkes. Sie stimmen nach ihrer freien Ueberzeugung und sind an Aufträge und Instructionen nicht gebunden.

Artikel 80
[1] Sie können für ihre Abstimmungen in der Kammer niemals, für ihre darin ausgesprochenen Meinungen nur innerhalb der Kammer auf den Grund der Geschäftsordnung zur Rechenschaft gezogen werden.
[2] Kein Mitglied einer Kammer kann ohne deren Genehmigung während der Sitzungsperiode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, außer wenn es bei Ausübung der That oder im Laufe des nächstfolgenden Tages nach derselben ergriffen wird.
[3] Gleiche Genehmigung ist bei einer Verhaftung wegen Schulden nothwendig.
[4] Jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied der Kammer und eine jede Untersuchungs- oder Civilhaft wird für die Dauer der Sitzungsperiode aufgehoben, wenn die betreffende Kammer es verlangt.

Artikel 81
Die Mitglieder der Zweiten Kammer erhalten aus der Staatskasse Reisekosten und Diäten nach Maaßgabe des Gesetzes; ein Verzicht hierauf ist unstatthaft.

Titel VI.
Von der richterlichen Gewalt.


Artikel 82
[1] Es soll in Stauffen nur ein oberster Gerichtshof bestehen, welcher die richterliche Gewalt ausübt.
[2] Die Urtheile werden im Namen des Königs ausgefertigt und vollstreckt.

Artikel 83
Die Richter am Gerichtshofe werden vom Könige auf Lebenszeit ernannt, dies gilt nicht für ehrenamtliche Laienrichter, welche von den Staatsbürgern erwählt werden.

Artikel 84
Den Richtern dürfen andere besoldete Staatsämter fortan nicht übertragen werden. Ausnahmen sind nur auf Grund eines Gesetzes zulässig.

Artikel 85
Die Organisation des Gerichtshofs wird durch das Gesetz bestimmt.

Artikel 86
Zu einem Richteramte darf nur der berufen werden, welcher sich zu demselben nach Vorschrift der Gesetze befähigt hat.

Artikel 87
Durch Gesetz können auch andere Gerichte dem Obersten Gerichtshofe im Rechtszuge unterstellt werden.

Artikel 88
[1] Die Verhandlungen vor dem erkennenden Gerichte in Civil- und Strafsachen sollen öffentlich sein. Die Oeffentlichkeit kann jedoch durch einen öffentlich zu verkündenden Beschluß des Gerichts ausgeschlossen werden, wenn sie der Ordnung oder den guten Sitten Gefahr droht.
[2] In anderen Fällen kann die Oeffentlichkeit nur durch Gesetze beschränkt werden.

Titel VII.
Von den Staatsbeamten.


Artikel 89
Die besonderen Rechtsverhältnisse der Staatsbeamten, einschließlich der Staatsanwälte, sollen durch ein Gesetz geregelt werden, welches, ohne die Regierung in der Wahl der ausführenden Organe zweckwidrig zu beschränken, den Staatsbeamten gegen willkürliche Entziehung von Amt und Einkommen angemessenen Schutz gewährt.

Titel VIII.
Von dem Finanzwesen.


Artikel 90
[1] Alle Einnahmen und Ausgaben des Staats müssen für jedes Quartal im Voraus veranschlagt und auf den Staatshaushalts-Etat gebracht werden.
[2] Letzterer wird quartalsgemäß durch ein Gesetz festgestellt. Artikel 91
Steuern und Abgaben für die Staatskasse dürfen nur, so weit sie in den Staatshaushalts-Etat aufgenommen oder durch besondere Gesetze angeordnet sind, erhoben werden.

Artikel 92
In Betreff der Steuern können Bevorzugungen nicht eingeführt werden.

Artikel 93
Gebühren können Staats- oder Kommunalbeamte nur auf Grund des Gesetzes erheben.

Artikel 94
Die Aufnahme von Anleihen für die Staatskasse findet nur auf Grund eines Gesetzes statt.

Artikel 95
[1] Zu Etats-Ueberschreitungen ist die Einwilligung des Ministers für Finanzen sowie die spätere Genehmigung der Kammern erforderlich.
[2] Die Rechnungen über den Staatshaushalts-Etat werden von der Ober-Rechnungskammer geprüft und festgestellt. Die allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt jeden Jahres, einschließlich einer Uebersicht der Staatsschulden, wird mit den Bemerkungen der Ober-Rechnungskammer zur Entlastung der Staatsregierung den Kammern vorgelegt.
[3] Ein besonderes Gesetz wird die Einrichtung und die Befugnisse der Ober-Rechnungskammer bestimmen.

Allgemeine Bestimmungen.

Artikel 96
[1] Gesetze und Verordnungen sind verbindlich, wenn sie in der vom Gesetze vorgeschriebenen Form bekannt gemacht worden sind.
[2] Die Prüfung der Rechtsgültigkeit gehörig verkündeter Königlicher Verordnungen steht nicht den Behörden, sondern nur den Kammern zu.

Artikel 97
Die Verfassung kann auf dem ordentlichen Wege der Gesetzgebung abgeändert werden, wobei in jeder Kammer die Mehrheit von Zwei Drittheilen der Mitglieder derselben nöthig ist.

Artikel 98
[1] Die Mitglieder der beiden Kammern und alle Staatsbeamten leisten dem Könige den Eid der Treue und des Gehorsams und beschwören die gewissenhafte Beobachtung der Verfassung.
[2] Eine Vereidigung des Heeres auf die Verfassung findet nicht statt.

Artikel 99
Diese Verfassung tritt mit Ratificierung durch beide Kammern sowie Seiner Majestät des Königs umgehend in Kraft.

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